Jean Tinguely Le Chant du Cygne du Bambou, 1963 Holz, Alteisen, Räder, Metallstäbe, Gummiriemen, Bambusrohre, Elektromotor 245 × 495 × 110 cm Museum Tinguely, Basel. Ein Kulturengagement von Roche © VG Bild-Kunst, Bonn 2023 / Foto: Dirk Rose / Kunstmuseen

ON AIR
Der Klang des Materials in der Kunst der 1950er bis 1970er Jahre
bis 26.3.2023

Die Kunstmuseen Krefeld widmen dem unsichtbaren Material Sound in der Kunst der 1950er bis 1970er Jahre eine Ausstellung unter dem Titel On Air. In dieser experimentierfreudigen Zeit werden Grenzen in der Kunst gesprengt und Werkstoffe von Künstler*innen verarbeitet, die bislang im Kunstkontext keine Rolle spielten. Auch Klänge, Töne, Geräusche, Signale und Stimmen werden zum 'handfesten' bildhauerischen Material. Das Hören bereichert nun die sinnliche Wahrnehmung. Ausgehend von der Maschinenplastik, fließt der Sound in Gattungen wie Performance, Installation und Neue Medien ein, die gerade erst Gestalt annehmen. Im Fokus stehen Soundobjekte von Künstler wie Yaakov Agam, Joseph Beuys, Hermann Goepfert, Jannis Kounellis, Bruce Nauman, Robert Rauschenberg, Jean Tinguely, David Tudor, Timm Ulrichs und andere.

ON AIR - Der Klang des Materials in der Kunst der 1950er bis 1970er Jahre | Trailer

ON AIR. Der Klang des Materials in der Kunst der 1950er bis 1970er Jahre, Kunstmuseen Krefeld / Kaiser Wilhelm Museum, 2022 (Installationsansicht) Foto: Dirk Rose / Kunstmuseen Krefeld

Ab den 1950er Jahren kommt Bewegung in die Kunst und viele Künstler erproben Materialien und Dinge, die zuvor im Kunstkontext nicht anzutreffen waren. Es wird mit Feuer, Fett, Kohle und neuartigen synthetischen Stoffen wie auch mit akustischen Klängen – von der Stille über Krach bis zur klassischen Partitur – experimentiert. Sound, Geräusche werden als plastisches und zugleich zeitliches Material betrachtet und eingesetzt. Künstler:innen nutzen alltägliche und industriell gefertigte Dinge und Maschinen als Klangquellen, ebenso wie sie mit elektronisch produzierten Klängen (Radio, Tonband, Vido) arbeiten. Beispielsweise verwendet der Schweizer Künstler Jean Tinguely Teile der Mechanik eines Bahnübergangs, setzt sie zu einem fantastischen Objekt neu zusammen und erzeugt einen durchdringenden Bing – Ton, der unweigerlich an eben diese Situation, den Bahnübergang, erinnert; oder Bruce Nauman spielt auf der Violine und stellt durch einen permanent sich wiederholenden Anstrich der Saiten einen minimalistischen, anstrengenden Sound her, der mit dem Videobild eine Synthese eingeht.

ON AIR. Der Klang des Materials in der Kunst der 1950er bis 1970er Jahre, Kunstmuseen Krefeld / Kaiser Wilhelm Museum, 2022 (Installationsansicht) Foto: Dirk Rose / Kunstmuseen Krefeld

In dieser Phase der Entgrenzung der Kunst werden Kunstschaffende zu Forscher:innen, Techniker:innen und suchen die Nähe zur internationalen Szene der Neuen Musik. Der amerikanische Komponist John Cage, der die alltägliche Geräuschkulisse zum Kompositionselement macht, bildet für viele einen wichtigen Bezugspunkt – ebenso wie beispielsweise das Studio für Elektronische Musik des WDR in Köln mit Karlheinz Stockhausen einen Zentrale für einen interdisziplinären Austausch darstellt. Die klingenden, ratternden, kreischenden Objekte und Installationen fördern bis heute ein Sehen, Hören und Teilhaben, dem sich Betrachter:innen nicht entziehen können und das eine synästhetische Wahrnehmung fordert.

Die Ausstellung ON AIR gibt außergewöhnliche Einblicke in die Kunst der 1950er bis 1970er Jahre und konzentriert sich auf die Wechselwirkung zwischen Sound und Objekt, Sound und Raum. Sie leistet eine Tiefenbohrung auf dem weiten Feld der Sound Art.

Mit der choreografierten Präsentation, die den Rundgang auf der zweiten Etage des Kaiser Wilhelm Museums zu einem audiovisuellen Erlebnis macht, geht das Museum seit dem 25. November ON AIR.

ON AIR. Der Klang des Materials in der Kunst der 1950er bis 1970er Jahre, Kunstmuseen Krefeld / Kaiser Wilhelm Museum, 2022 (Installationsansicht) Foto: Dirk Rose / Kunstmuseen Krefeld

RESONANZRAUM

Thematisiert die Ausstellung, wie bildende Künstler Sound als Material einsetzen, so wechselt der Blick im RESONANZRAUM hin zur Musik. Es zeigt, wie Komponist:innen und Musiker:innen mit alltäglichen Dingen und elektronischer Technik neue, plastische Klänge entwickeln. Diese Umkehrung der Perspektive verdichtet das klingende Bild der Zeit und macht zugleich deutlich, wie bildende Künstler:innen und Musiker:innen immer wieder auch gemeinschaftlich gearbeitet haben. Partner: Musikwissenschaftliches Institut der Universität Köln, Niederrheinische Sinfoniker, Theater am Marienplatz, Mediothek und Christian Faubel.

Künstler

Yaacov Agam, Arman, John Baldessari, Joseph Beuys & Henning Christiansen, Pol Bury, Jan Dibbets, Herman Goepfert, Yves Klein, Jannis Kounellis, Bernhard Leitner, Bruce Nauman, Reiner Ruthenbeck, Curt Stenvert, Daniel Spoerri, Takis, Jean Tinguely, David Tudor & Composers Inside Electronics, Günther Uecker, Timm Ulrichs, Günter Weseler. Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt mit dem Museum Tinguely Basel