MUSICAL BELONGINGS
Die lautten compagney BERLIN auf der Suche nach einer postkolonialen Musikpraxis
2023/2024 wird das neu errichtete Humboldt-Forum zum Ort von vier musikalischen Begegnungen: Alte Musik aus Europa trifft auf traditionelle Musik aus Indien, Lateinamerika, China und der Karibik.
Die lautten compagney BERLIN, eines der renommiertesten Ensembles für historische Aufführungspraxis, fragt mit ihrem Projekt MUSICAL BELONGINGS nach den Möglichkeiten einer Musik jenseits des kolonialen Kanons.
Gemeinsam mit Musiker*innen und Komponist*innen aus vier Kulturen sucht das Orchester nach einer transkulturellen Praxis: Wie lassen sich neue Töne und hybride Formen finden, die sich dem Label der „Weltmusik“ entziehen? Welchen Gemeinsamkeiten gibt es zwischen indischen Ragas und der europäischen Ostinato-Praxis? Die Musiker*innen reagieren mit ihrem Projekt auf die Sammlungen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst, in der sich auch viele Instrumente und das Phonogramm-Archiv befinden. Im begleitenden Diskurs wird der postkoloniale Blick auf die musikalische Praxis des europäischen Klassikbetriebs angewandt und der Horizont der jeweiligen Spiel- und Produktionsweisen verglichen, verhandelt, erweitert.
Den Auftakt der Reihe machen Konzerte am 16. und 17. Juni, in dem zwei der wichtigsten indischen Musikerinnen unserer Gegenwart zu Gast in Berlin sein werden: Die Geigerin Kala Ramnath und die Veena-Spielerin Jayanthi Kumaresh.
Kala Ramnath, bekannt für Fusion-Projekte mit Hilary Hahn, hat ihren einzigartig singenden Stil bei Guru Pandit Jasraj erlernt. Sie kommt aus der nordindischen Hindustani-Musiktradition.
Jayanthi Kumaresh, Vertreterin der karnatischen Musiktradition Südindiens, spielt und unterrichtet die Saraswati Veena, die indische Laute. Das erste Konzertprojekt steht damit im Zeichen einer doppelten Begegnung: Nicht nur Europas und Indiens Lautenmusik, sondern auch nord- und südindische Musik treffen hier aufeinander und zeigen die ganze Vielfalt der alten Tradition des Raga.
Im Zusammenspiel und Kontrast zwischen Raga und der europäischen Tradition werden sich neuartige Einblicke in die Musik zweier Kontinente ergeben. Man darf gespannt sein, welche hybride Musik sich während des einwöchigen gemeinsamen Workshops ergibt!
Im begleitenden Diskursprogramm werden Differenzen und Ähnlichkeiten verhandelt. Dazu sind u.a. Lars-Christian Koch (Direktor für die Sammlungen der Staatlichen Museen im Humboldt Forum und Spezialist für Indische Musik) sowie Suddhaseel Sen aus Mumbai eingeladen, Spezialist für interkulturelle Adaptionen zwischen Indien und Europa. Die lautten compagney BERLIN will mit diesem Projekt zur Bildung einer globalen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts beitragen, ihre eigene Praxis befragen und im Austausch mit den eingeladenen Musiker*innen beitragen zu einer postkolonialen Musikpraxis, die diesen Namen verdient.